Heute und in Zukunft: Lokalisierung als zentrale Herausforderung
Die auf den vorderen Seiten erwähnte geteilte Verantwortung spiegelt sich auch in der konkreten Entwicklungszusammenarbeit (EZA): Die Lokalisierung wird zu einem zentralen Thema für alle Akteur:innen. Staaten und NGOs haben erkannt, dass Entwicklungsbemühungen nur dann erfolgreich sein können, wenn sie sich an den Bedürfnissen der betroffenen Bevölkerung orientieren und lokal verankert sind. Die parallellaufende Debatte zur Dekolonisierung der EZA stellt die gleichen Grundsatzfragen nach der Neuverteilung der Entscheidungs- und Deutungshoheit.
Der Wandel der Schweizer P(EZA), der mit ihrem Aufkommen in den 1950er-Jahren begonnen hatte, ist noch längst nicht abgeschlossen. Aktuell ist die EZA-Gemeinschaft dabei, herauszufinden, wie die Lokalisierung vom Konzept in die Realität umgesetzt werden kann. Tatsächlich sind auch die Anforderungen an Partnerorganisationen im Globalen Süden, um Gelder aus dem Norden zu erhalten, in den letzten 60 Jahren stark gestiegen. Obwohl die Überzeugung vorhanden ist, dass Projekte von lokalen Akteur:innen initiiert und durchgeführt werden sollten, werden Finanzierungen oft an die Einhaltung von Managementstandards aus dem Norden geknüpft. Schliesslich wollen Geldgeber:innen – wie beispielsweise die Schweizer Steuerzahlenden – zurecht sicherstellen, dass ihr Geld sinnvoll eingesetzt wird.
Welche Methoden sind wirklich partizipativ und stellen sicher, dass die lokale Bevölkerung im Globalen Süden in den gesamten Zyklus der Entwicklungsprojekte eingebunden ist? Wie können Akteur:innen der Schweizer EZA mehr Entscheidungsmacht und Verantwortung an ihre Partnerorganisationen im Globalen Süden abgeben und gleichzeitig den steigenden Anforderungen der Rechenschaftspflicht gegenüber den Steuerzahlenden wahrnehmen? Diese Fragen werden die EZA wohl noch lange beschäftigen.