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Die Bereitschaft stärken, bei Krisen strategisch reagieren zu können

Die Arbeit der Unité-Mitglieder und deren Partnerorganisationen findet schon lange im Dreifach-Nexus statt. Bis sich dieser Ansatz in den letzten 10 Jahren durchgesetzt hatte, fehlten jedoch die theoretischen Grundlagen und Begrifflichkeiten, um diese Tätigkeiten zu beschreiben. Dennoch bietet der Dreifach-Nexus als Konzept einen Mehrwert, weshalb Comundo ihn nun systematisch in alle sieben Länderprogramme integriert.

Sara Ryser
Nach dem Erdbeben in El Salvador im Jahr 2001 verteilten Las Melidas und Comundo Lebensmittel an die Bevölkerung. Foto: Corinne Sala

Salvador im Einsatz war, sprach noch niemand vom Dreifach-Nexus. Das Konzept und der Begriff gewannen erst gut 15 Jahre später an Bedeutung und sind heute ein zentraler Ansatz in der Entwicklungszusammenarbeit. Eigentlich war Sala in El Salvador, um zusammen mit der lokalen feministischen Organisation Las Melidas die Frauenrechte und die politische Partizipation von Frauen zu fördern. Doch als plötzlich ein schweres Erdbeben die Region erschütterte und 80 Prozent der Häuser in ihrem Einsatzgebiet zerstörte, stellten die beiden Organisationen ihre Arbeit sofort auf humanitäre Hilfe um, um den dringendsten Bedarf der Bevölkerung zu decken. «Natürlich arbeiteten Las Melidas und die Fachleute von Comundo eng mit anderen Organisationen zusammen, die auf humanitäre Hilfe spezialisiert waren. Wir konnten selbst ja nur einen begrenzten Beitrag leisten. Es war deswegen sehr sinnvoll, sich untereinander abzusprechen und die Unterstützung gemäss den Kompetenzen der Organisationen aufzuteilen», erinnert sich Sala.

Während der Verteilung von Gütern des täglichen Bedarfs und den Aufräumarbeiten stellten Frauen, die dank Las Melidas erstmals in Frauengruppen organisiert waren, fest, dass sie mehr erreichen können, wenn sie sich gemeinsam für ihre Interessen einsetzen. Die damals entstandenen Frauengruppen sind bis heute aktiv und engagieren sich weiterhin für die Wahrung ihrer Rechte. Aus der Kombination des Entwicklungsprojekts und der humanitären Hilfe entstand eine Bewegung, die zur Friedensförderung beiträgt – Nexus-Arbeit par Excellence!

Die Praxis findet längst im Dreifach-Nexus statt

Weitere Beispiele sind Nicaragua und Bolivien, wo Comundo zusammen mit ihren Partnerorganisationen die Agrarökologie fördert, um die Resilienz von Bauernfamilien gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels – extreme Wetterereignisse wie Dürreperioden oder Starkregen – zu stärken. Da sie dazu mit ganzen Gemeinschaften und partizipativen Methoden arbeiten, wird gleichzeitig die soziale Kohäsion gestärkt, was Konfliktpotenziale reduziert.

Oder Sambia, wo das Berufsbildungsprogramm von Comundo wegen zwei humanitären Krisen – extreme Dürren, die zu einer Energiekrise führten – angepasst wurde, um den Fokus stärker auf die Berufsbildung zu legen, insbesondere auf die Förderung qualitativ hochwertiger Ausbildungen im Bereich (Solar-)Elektrizität.

Und natürlich die Covid-19-Krise, während der viele Partnerorganisationen ihre Projekte anpassten oder neue Covid-Response-Projekte lancierten, um die schlimmsten Auswirkungen bei vulnerablen Zielgruppen etwas aufzufangen. «In solchen Situationen ist die Arbeit im Nexus einfach das richtige, das einzig logische Vorgehen. Wenn sich der Kontext so stark ändert, kannst du nicht einfach stur dein Projekt durchziehen», sagt Corinne Sala, die heute als Leiterin International und Mitglied der Geschäftsleitung bei Comundo arbeitet. «Wir erkennen hier aber auch noch grosses Verbesserungspotenzial, gerade was die strategische Reaktion auf Extremereignisse angeht.» Dies ist umso nötiger, da Krisen wie Extremwetterereignisse, Krankheitsausbrüche oder politische Unruhen aufgrund des Klimawandels und der zunehmenden Fragilität vieler Länder keine Einzelfälle mehr sind. Comundo sieht daher im Dreifach-Nexus die Chance, ihre Bereitschaft zu stärken, bei Krisen strategisch reagieren zu können.

Systematisches Akteur-Mapping

Die Organisation wird deswegen dieses Jahr in allen sieben Einsatzländern analysieren, welche Akteure im jeweiligen Kontext für die drei Nexus-Dimensionen relevant sind. «Da wir mit vielen Entwicklungsorganisationen bereits gut vernetzt sind, ist das Ziel dieses Akteur-Mappings, die auf humanitäre Hilfe und Friedensförderung spezialisierten Akteure zu identifizieren. Falls es zu einer Krisensituation kommt, können wir sie direkt mit unseren Partnerorganisationen in Verbindung bringen und effektiv mit ihnen zusammenzuarbeiten», erklärt Corinne Sala. Die Koordination und die Arbeitsteilung werden dadurch erleichtert, potenzielle Konfliktsituationen zwischen verschiedenen Akteuren im selben Bereich können erkannt und vermindert werden, Lücken in der Unterstützung und mögliche Synergien erkannt werden.

Für Comundo ist der Dreifach-Nexus nicht einfach eine weitere Anforderung im administrativen Dschungel der Berichterstattung; auch keine Revolution ihrer Arbeitsweise. Vielmehr ist es die Systematisierung einer gelebten Praxis und eine Stärkung ihres Risikomanagements für den Fall der Fälle. Wie Corinne Sala betont: «Wir wollen einfach bereit sein in solchen Situationen und nicht erst im Ernstfall mit der Suche nach potenziellen Partner:innen beginnen müssen.»

Die Landesprogramme von Comundo werden von der DEZA (EDA) unterstützt, im Rahmen des institutionellen Programms von Unité 2025­-2028.

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