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Ein langer Weg: Indigene Hebammen stärken sichere Geburtshilfe

Auch dank dem langjährigen gemeinsamen Engagement von Nim Alaxik und AMCA wurden in Guatemala über 22’000 indigene und traditionelle Hebammen offiziell anerkannt. Damit können sie schwangere und gebärende Frauen ins Spital begleiten, was die Gefahr von geburtshilflicher Gewalt verringert.

Beat Schmid
Zwei Hebammen von Nim Alaxik, die sich zusammen mit AMCA für die Rechte ihrer Patientinnen einsetzen.

1976 sei es gewesen, erzählt Doña Magdalena, als sie und 38 andere indigene Geburtshelferinnen in Dörfern um den touristisch berühmten Atitlánsee sich zusammengeschlossen hätten. Die brutale Repression gegen jegliche Bestrebung für mehr soziale Gerechtigkeit – die von den Vereinten Nationen als Genozid an der Mayabevölkerung definiert wurde – zwang auch sie ins mexikanische Exil, aus dem sie erst 1996 zurückkehrten. Nach wie vor waren sie als Geburtshelferinnen tätig und haben die in Mexico geknüpften Kontakte zu Frauen auch aus anderen Departementen Guatemalas weitergepflegt, um im rassistisch antiindigenen Guatemala ihre Rechte und die ihrer Patientinnen einzufordern.

Auf ein erstes Treffen mit Delegationen aus 5 Departementen folgte Jahre danach (2011) ein nationales Treffen mit 1500 Teilnehmerinnen aus 9 Departementen und nach und nach entstanden Zusammenschlüsse auf Gemeindeebene, in verschiedenen Departementen und sogar national. 2014 wurde ein Gesetz für «gesunde Schwangerschaft» verabschiedet, «welches immerhin 80% unseres Vorschlages» enthielt, so Magdalena. Covid hat den gesellschaftlichen Status der indigenen Hebammen verbessert, «wir erhielten Passierscheine und haben die Schwangeren während der Pandemie weiterhin begleitet» sowie ihr Selbstbewusstsein erhöht. Mit der progressiven Regierung, die seit einem Jahr im Amt ist, hat ihre Organisation Nim Alaxik einen Pakt zur Zusammenarbeit unterzeichnet und insistiert auf dessen Umsetzung. «Dafür kam die Unterstützung von AMCA wie gerufen. So war es uns möglich mit der Regierung und dem Parlament zu verhandeln, unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen und unsere Basis zu informieren und zu mobilisieren», sagt Magdalena.

AMCA-Projektleiter Beat Schmid mit zwei Mayageburtshelferinnen in Guatemala.
AMCA-Projektleiter Beat Schmid mit zwei Mayageburtshelferinnen in Guatemala.

Die Resultate können sich sehen lassen: Das traditionell indigene Gesundheitswesen, inklusive der Arbeit der Geburtshelferinnen, wurde gesetzlich anerkannt. Ein nationaler Tag der Hebammen wurde offizialisiert und diese erhalten einen Ausweis, der sie auch berechtigt bei den Geburten in den öffentlichen Spitälern anwesend zu sein. Dies ist insbesondere wichtig, um sprachliche Barrieren (in Guatemala werden neben Spanisch 22 Mayasprachen und Garifuna-Englisch gesprochen) zu überwinden sowie um Diskriminierung und gynäkologischer Gewalt vorzubeugen.

«Wir begleiten die Umsetzung des Gesetzes intensiv und fordern auch weiterhin die Abgabe von Arbeitsmaterialien für die Geburtshelferinnen – die Mittel dafür sind im Gesundheitsbudget enthalten – und vor allem die jährliche monetäre Anerkennung für die gewaltige und wichtige Arbeit der Mayahebammen». Letztere soll sich auf rund 1 Franken pro Tag (kein Tippfehler) belaufen und wird hoffentlich vom vorwiegend männlichen Parlament 2025 endlich verabschiedet.

AMCA hat die Lobbyarbeit von Nim Alaxik 2024 auf nationaler Ebene unterstützt und wird 2025 im nordöstlichen Departement Peten die Arbeit der rund 350 Mayageburtshelferinnen in den ländlichen Bezirken La Libertad, Las Cruces und Sayaxche, wo rund 237’000 Menschen leben, begleiten, damit sie ihre Position gegenüber den Gesundheitsbehörden weiter stärken und die Rechte ihrer Patientinnen einfordern können.

Die Originalversion dieses Textes erschien in Ausgabe >> Nr. 59 von Correo, dem Magazin von AMCA.

CORREO Nr. 59 (AMCA)
PDF 2.3 MB

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